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Seien Sie korrekt bis ins Detail

Der Fall ging durch die Presse: Angeblich hatte die Kassiererin „Emmely“ zwei Leergut-Bons im Wert von 48 Cents und 82 Cents unrechtmäßig aus dem Kassenbüro genommen und für sich selbst eingelöst. Bewiesen wurde das nicht, aber es bestand dringender Verdacht. Daraufhin kündigte ihr die Supermarktkette fristlos, und das nach dreißig Jahren Betriebszugehörigkeit. Die Kündigung wurde durch zwei Instanzen gerichtlich bestätigt und erst in der dritten Instanz am 10. Juni 2010 vom Bundesarbeitsgericht für unwirksam erklärt.

Die Vorsitzende Richterin in der zweiten Instanz zeigte sich überzeugt, dass die Tat, wie vom Arbeitgeber behauptet, begangen worden sei. Sie führte weiter aus, dass es nicht um die Höhe eines Betrags gehe, sondern um das gestörte Vertrauen des Arbeitgebers in die Arbeitnehmerin und deren Ehrlichkeit. Und gerade einer Kassiererin müsse der Arbeitgeber auf den Cent genau vertrauen können, so das Landesarbeitsgericht in der zweiten Instanz.

Und obwohl das Bundesarbeitsgericht schließlich die Kündigung doch noch für unwirksam erklärt hat, hält es in seiner Pressemitteilung vom 10. Juni 2010 ausdrücklich fest:

„Der Vertragsverstoß ist schwerwiegend. Er berührte den Kernbereich der Arbeitsaufgaben einer Kassiererin und hat damit trotz des geringen Werts der Pfandbons das Vertrauensverhältnis der Parteien objektiv erheblich belastet. Als Einzelhandelsunternehmen ist die Beklagte besonders anfällig dafür, in der Summe hohe Einbußen durch eine Vielzahl für sich genommen geringfügiger Schädigungen zu erleiden.“

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Juni 2010

Auch wenn Sie keine Kassiererin sind, können Sie aus diesem Urteil einiges lernen:

  • Ihr persönliches Rechtsempfinden ist nicht unbedingt deckungsgleich mit der geltenden Rechtsprechung. Vertrauen Sie im Zweifelsfall nicht nur auf Ihre eigene Sicht der Dinge.
  • Aus Sicht der Rechtsprechung kann eine Unkorrektheit, auch wenn sie nur geringen finanziellen Schaden mit sich bringt, einen großen Vertrauensschaden zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer verursachen.
  • Im Arbeitsrecht ist das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer von sehr großer Bedeutung. Bei Vertrauensbruch in Zusammenhang mit einer Straftat wie z.B. Unterschlagung kann sogar eine fristlose Kündigung ohne wasserdichte Beweise, also nur mit hinreichendem Verdacht, rechtens sein (die sogenannte Verdachtskündigung). Allerdings reicht die lapidare Äußerung des Arbeitgebers, er habe kein Vertrauen mehr in den Arbeitnehmer, nicht für eine wirksame Kündigung. Das Arbeitsrecht verlangt vom Arbeitgeber, im Einzelnen konkret zu begründen, weshalb er kein Vertrauen mehr hat. Und das Arbeitsgericht gibt dem Arbeitnehmer dann Gelegenheit, seine Sicht der Dinge zu äußern – da kann ein gutes Gedächtnisprotokoll Gold wert sein.

Fassen wir zusammen: Gehen Sie auf Nummer sicher! Seien Sie auf den Cent genau und auf die Minute pünktlich. Arbeitszeit ist schließlich auch Geld.

Falls Ihr Arbeitgeber nicht ausdrücklich darauf verzichtet hat, gilt: Keine privaten Anrufe mit dem Firmentelefon. Surfen Sie nicht aus Lust und Laune mit dem Firmencomputer im Internet. Nehmen Sie keine Ra- diergummis und anderes Büromaterial, keine Gegenstände aus dem Schrottcontainer oder abgelaufene Süßigkeiten, die Ihrem Arbeitgeber gehören, mit nach Hause. Sehr wahrscheinlich wird Ihnen nicht wegen einer entwendeten Heftklammer fristlos gekündigt. Aber dennoch: Wehren Sie den Anfängen bei der Vermischung von Mein und Dein.

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